Werkstätten für behinderte Menschen WfbM

1. Das Wichtigste in Kürze

In einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) können Menschen mit Behinderungen berufliche Bildung erhalten und/oder einer Beschäftigung nachgehen, wenn sie behinderungsbedingt nicht mindestens 3 Stunden täglich auf dem sog. allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können (volle Erwerbsminderung). WfbM sind keine Erwerbsbetriebe, sondern Einrichtungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, in denen die Beschäftigten bei der Arbeit Leistungen zur Unterstützung und ein behinderungsgerechtes Arbeitsumfeld erhalten. Die Arbeit in einer WfbM wird deutlich geringer vergütet als eine Erwerbstätigkeit.

2. Aufnahmevoraussetzungen für eine Behindertenwerkstatt

Voraussetzungen für die Aufnahme in eine WfbM sind eine Behinderung und volle Erwerbsminderung.

Erwerbsminderung liegt vor, wenn eine Erwerbstätigkeit für mindestens 3 Stunden pro Tag nicht mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist, sondern allenfalls auf dem sog. besonderen Arbeitsmarkt. Der besondere Arbeitsmarkt ist ein spezieller, staatlich geförderter Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen, zu dem die WfbM und deren Alternativen gehören. Näheres zu den Alternativen unter Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, ist die WfbM verpflichtet, allen Menschen mit Behinderungen in ihrem Einzugsgebiet einen Platz in einem der folgenden Bereiche anzubieten:

  • Eingangsbereich: Hier wird festgestellt, ob die WfbM für den Menschen mit Behinderung geeignet ist, ihm Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen. Außerdem wird geschaut, wo der Mensch mit Behinderung eingesetzt werden kann und welche Leistungen er bekommen sollte.
    Dauer: 4 Wochen bis 3 Monate
  • Berufsbildungsbereich: Hier soll die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit des Menschen mit Behinderungen so weit wie möglich entwickelt, verbessert oder wiederhergestellt werden. Voraussetzung ist, dass der Mensch mit Behinderungen danach voraussichtlich wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen können wird.
    Dauer: 1 bis 2 Jahre
  • Arbeitsbereich: Hier ist eine Beschäftigung möglich, wenn Alternativen zur WfbM (noch) nicht in Frage kommen. Der Mensch mit Behinderung muss außerdem ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen können. Menschen, die trotz einer ihrer Behinderung angemessenen Betreuung stark selbst- oder fremdgefährdend sind, können dieses Mindestmaß nicht leisten. Dies ist auch der Fall, wenn die nötige Betreuung oder Pflege dauerhaft keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung zulässt. Wer noch keine Berufserfahrung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mitbringt, kommt vorher meist in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt.
    Dauer: in der Regel längstens bis zum Erreichen der Altersgrenze der Regelaltersrente

3. Leistungen in einer Behindertenwerkstatt

Die WfbM ermöglicht Menschen mit Behinderungen

  • berufliche Bildung
  • Beschäftigung
  • die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit
    • zu erhalten,
    • zu entwickeln,
    • zu verbessern oder
    • wiederherzustellen
  • ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln
  • eine finanzielle Vergütung (siehe unten "Bezahlung")
  • individuelle Betreuung und Förderung durch z.B. ärztliche, sozialpädagogische und psychologische soziale Fachdienste

Dass Werkstattbeschäftige – erstmals oder wieder – auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln können, ist eines von mehreren Zielen der WfbM. Diesen Schritt schaffen in der Praxis aber nur sehr wenige. Die WfbM sind als dauerhafte Leistung für Menschen gedacht, die nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Dieses Konzept ist umstritten, weil es für die Menschen mit Behinderung zwar eine dauerhafte Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsmarkt bietet, aber keine Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt gemeinsam mit Menschen ohne Behinderungen. Näheres unter Behinderung > Inklusion.

Menschen mit Behinderungen haben in der WfbM die Möglichkeit, in unterschiedlichen Arbeitsbereichen tätig zu sein, z.B. in einer Gärtnerei, Schreinerei, Hauswirtschaft, Telefonzentrale oder bei der Montage und Verpackung.

Während ihrer Beschäftigung in der WfbM sind die Menschen mit Behinderungen unfall-, kranken-, pflege-, und rentenversichert, in der Regel jedoch nicht in der Arbeitslosenversicherung. Näheres unter Sozialversicherung bei beruflicher Reha und WfbM.

4. Bezahlung der Werkstattbeschäftigten

Beschäftigte in einer WfbM bekommen als Vergütung

  • einen Grundbetrag in Höhe von 126 €
    plus einen leistungsabhängigen individuellen Steigerungsbetrag
  • plus Arbeitsförderungsgeld, das abhängig vom Arbeitsentgelt (= Grundbetrag plus Steigerungsbetrag) ist:
    • Entgelt bis 299 €: 52 € Arbeitsförderungsgeld
    • Entgelt über 299 € aber unter 351 €: Soviel Arbeitsförderungsgeld, dass sich zusammen 351 € ergeben
    • Entgelt 351 € und mehr: Kein Arbeitsförderungsgeld

Der gesetzliche Mindestlohn gilt nicht.

Da der Verdienst so gering ist, erhalten sehr viele Menschen in Werkstätten auch Sozialleistungen, um ihren Lebensunterhalt zu decken.

Das Werkstatteinkommen (ab dem Arbeitsbereich) wird nicht in voller Höhe auf die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angerechnet. Nicht als Einkommen berücksichtigt werden:

  • Sozialversicherungsbeiträge
  • Arbeitsmittelpauschale i.H.v. 5,20 €
  • Arbeitsförderungsgeld i.H.v. 52 €
  • Freibetrag i.H.v. 70,38 € (= 12,5 % der Regelbedarfsstufe 1)
  • 50 % des den Freibetrag übersteigenden Entgelts

Ausführliche Informationen im Ratgeber "Grundsicherung nach dem SGB XII für Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen" des Bundesverbands für körper- und mehrfachbehinderte Menschen unter https://bvkm.de > Recht und Ratgeber > Ratgeber zur Grundsicherung.

5. Anforderungen für die Anerkennung als Behindertenwerkstatt

Um als WfbM amtlich anerkannt zu werden, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt werden. Die ausführlichen Bestimmungen sowie die Aufgaben und Pflichten der WfbM sind in der Werkstättenverordnung geregelt. Gesetzestext unter www.gesetze-im-internet.de/schwbwv.

6. Alternativen zu Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

Sog. andere Leistungsanbieter sind eine Alternative zur WfbM, um Menschen mit Behinderungen mehr Wahlmöglichkeiten zu bieten und das Leistungsangebot zu erweitern.

Der Mensch mit Behinderung kann wählen, ob er Leistungen

  • nur von einer WfbM oder
  • von einer WfbM zusammen mit einem oder mehreren anderen Leistungsanbietern oder
  • von einem oder mehreren anderen Leistungsanbietern

in Anspruch nehmen möchte. Wichtig ist, dass das Ziel der beruflichen Teilhabe sichergestellt ist und die Teil-Leistungserbringer zusammen ein komplettes Angebot bereitstellen.

Voll erwerbsgeminderte Menschen mit Behinderungen können als Alternative zur WfbM auch eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Hilfe von Lohnkostenzuschüssen und Unterstützungsleistungen aufnehmen. Möglich ist das in sog. Inklusionsbetrieben, aber auch bei allen anderen "normalen" Arbeitgebern.

Näheres unter Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen.

7. Praxistipps

8. Wer hilft weiter?

Informationen geben die WfbM vor Ort, die unabhängige Teilhabeberatung, die Träger der Eingliederungshilfe, die Agentur für Arbeit (für den Eingangs- und Berufsbildungsbereich), die Integrationsfachdienste oder andere zuständige Reha-Träger, z.B. die Renten- oder Unfallversicherung.

9. Verwandte Links

Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen

Behinderung

Behinderung > Ausbildungsgeld

Berufliche Reha > Leistungen

Arbeitsassistenz

Behinderung > Berufsleben

Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Persönliches Budget

Budget für Arbeit

 

Rechtsgrundlagen: §§ 56 ff., 219 ff. SGB IX

Letzte Bearbeitung: 27.08.2024

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