Wohnungshilfe

1. Das Wichtigste in Kürze

Wohnungshilfen sind finanzielle Leistungen zum Beschaffen, Umbau, Ausstatten oder Erhalten einer behinderungsgerechten Wohnung. Ziel ist geeigneter Wohnraum für ein möglichst selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben von Menschen mit Behinderungen. Verschiedene Stellen können zuständig sein, z.B. Sozialversicherungen wie die Renten-, Unfall- oder Pflegeversicherung oder der Träger der Eingliederungshilfe.

2. Zuständigkeit und Voraussetzungen für Wohnungshilfen

Wohnungshilfe gibt es für verschiedene Zwecke:

  • Zur sozialen Teilhabe: Hier sind umfassende Hilfen für den Bereich innerhalb und außerhalb der Wohnung möglich, z.B. eine Rollstuhlrampe vor dem Haus, ein Treppenlift, eine barrierefreie Dusche und eine barrierefreie Küche.
  • Zur Teilhabe am Arbeitsleben: Dabei sind nur Hilfen mit Bezug zum Beruf möglich, nicht zur persönlichen Lebensführung, zur Verbesserung der Lebensqualität oder zum Befriedigen von Grundbedürfnissen. Umfasst sind also nur Leistungen für einen Arbeitsplatz zu Hause (z.B. Home-Office) und für den Bereich vor der Wohnungstür, zum Erreichen eines Arbeitsplatzes außerhalb der Wohnung, z.B. eine Rollstuhlrampe zum Verlassen der Wohnung.
    Beispiel: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Einbau einer behinderungsgerechten Küche keine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist, weil Essen in erster Linie Grundbedürfnisse befriedigt.
  • Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder zur Vermeidung eines sozialen Abstiegs im Berufsleben (begleitende Hilfe im Arbeitsleben)
  • Um häusliche Pflege zu ermöglichen, zu erleichtern, oder die Abhängigkeit von der Pflegeperson zu verringern.

Welcher Kostenträger für die Wohnungshilfe im Einzelfall zuständig ist, hängt unter anderem vom Zweck der Hilfe ab.

2.1. Unfallversicherung

Der Unfallversicherungsträger, z.B. die Berufsgenossenschaft (BG), ist zuständig, wenn der Gesundheitsschaden Folge eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit ist.

Voraussetzungen:

  • Wohnungshilfe zur sozialen Teilhabe: Wegen der Art oder Schwere des Gesundheitsschadens braucht die versicherte Person nicht nur vorübergehend behinderungsgerechten Wohnraum (Anpassung der vorhandenen Wohnung oder eine andere behinderungsgerechte Wohnung)
  • Wohnungshilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben: Die Wohnungshilfe ist nötig, um die berufliche Eingliederung zu sichern.

Einzelheiten stehen in der Richtlinie zur Wohnungshilfe, Download unter www.dguv.de > Rehabilitation/Leistungen > Richtlinien der UV-Träger.

2.2. Rentenversicherung

Die Rentenversicherung gewährt Wohnungshilfe nur zur Teilhabe am Arbeitsleben. Dafür müssen die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Rentenversicherung erfüllt sein, siehe unter Berufliche Reha > Rahmenbedingungen.

2.3. Agentur für Arbeit oder Jobcenter

Auch die Agentur für Arbeit und das Jobcenter sind nur für Wohnungshilfe als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig. Sie sind nur zuständig, wenn kein anderer Kostenträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zahlen muss.

2.4. Träger der sozialen Entschädigung

Die Träger der sozialen Entschädigung sind zuständig, wenn ein anerkannter Gesundheitsschaden nach dem Recht der Sozialen Entschädigung vorliegt, z.B. bei Opfern von Gewalttaten oder Impfgeschädigten. Sie erbringen Wohnungshilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur sozialen Teilhabe.

2.5. Integrationsamt oder Inklusionsamt

Das Integrationsamt bzw. Inklusionsamt ist zuständig im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben für Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung (Näheres unter Behinderung > Berufsleben) mit einer Schwerbehinderung.

Die begleitenden Hilfen im Arbeitsleben sind für Fälle gedacht, in denen kein Träger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zahlen muss, z.B.

  • wenn nur die Arbeitsbedingungen verbessert werden sollen, aber der Arbeitsplatz auch ohne die Leistungen nicht gefährdet wäre.
  • wenn nur ein sozialer Abstieg verhindert werden soll, aber irgendeine Arbeit auch ohne die Leistung erlangt werden könnte.

Das Integrationsamt oder Inklusionsamt zahlt nur, wenn genug Geld aus der Ausgleichsabgabe vorhanden ist, die Betriebe zahlen müssen, die zu wenige Menschen mit Behinderungen beschäftigen.

2.6. Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Der Träger der Eingliederungshilfe ist im Rahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und nur für Wohnungshilfe zur sozialen Teilhabe zuständig. Voraussetzung ist, dass kein anderer Kostenträger leisten muss. Die Eingliederungshilfe ist Einkommens- und Vermögensabhängig, aber die Freibeträge sind deutlich höher als z.B. bei der Sozialhilfe, Näheres unter Eingliederungshilfe > Einkommen und Vermögen.

2.7. Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen

Das Jugendamt kann in seltenen Fällen Wohnungshilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen (auch für junge Volljährige) leisten, wenn allein eine (drohende) seelische Behinderung die Wohnungshilfe nötig macht. Bei schweren psychischen Störungen kann nämlich eine größere Wohnung mit einem Extraraum für Assistenzkräfte nötig sein. Das Jugendamt kann dann als Wohnungshilfe zur sozialen Teilhabe einen Zuschuss zur Miete leisten.

2.8. Pflegeversicherung

Die Pflegekassen können Zuschüsse zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds als Leistung der Pflegeversicherung gewähren, um häusliche Pflege zu ermöglichen, zu erleichtern, oder die Abhängigkeit von der Pflegeperson zu verringern. Näheres unter Wohnumfeldverbesserung.

2.9. Wohnungshilfe von mehreren Trägern

Vielen Menschen steht Wohnungshilfe gleichzeitig von mehreren Trägern zu.

Beispiel:

  • Frau Müller bekommt Wohnungshilfe für eine Rollstuhlrampe vor der Haustür von der Rentenversicherung zur Teilhabe am Arbeitsleben.
  • Die behinderungsgerechte Dusche wird von der Pflegversicherung bezuschusst, weil das ihre Pflegebedürftigkeit verringert.
  • Außerdem bekommt sie einen Treppenlift als Leistung der Eingliederungshilfe zur sozialen Teilhabe, damit sie sich um ihre Kinder kümmern kann, die ihre Zimmer im oberen Stockwerk haben.

3. Umfang der Wohnungshilfe

Die Wohnungshilfe unterscheidet sich je nach Träger und Voraussetzungen. Sie beinhaltet z.B.:

  • Behinderungsgerechte Anpassung des Wohnraums
  • Unterstützung bei der Beschaffung behinderungsgerechten Wohnraums
  • Übernahme behinderungsbedingter flächenbezogener Mehrkosten bei Miete, Kauf oder Bau, inklusive anteiliger Nebenkosten
  • Umzugskosten in eine behinderungsgerechte oder eine zum Arbeitsplatz erheblich verkehrsgünstiger gelegene Wohnung
  • Einrichtungsbeihilfe
  • Kosten für die Bereitstellung von Wohnraum für eine Pflegekraft oder Assistenz
  • Mehraufwendungen für eine behinderungsgerechte Küche
  • Kosten für Modernisierung und Instandhaltung behinderungsbedingter Ausstattung, z.B. Aufzug
  • Bereitstellung behinderungsgerechten Wohnraums

Die Versicherungsträger übernehmen nur sehr selten Rückbaukosten, auch dann nicht, wenn z.B. ein Vermieter einen Zuschuss für einen behinderungsgerechten Umbau erhalten hat.

3.1. Wohnungshilfe im Ausland

Wer in Deutschland gesetzlich Unfallversichert ist, kann nach einem Arbeitsunfall, Wegeunfall oder bei einer Berufskrankheit auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland Wohnungshilfe bekommen (§ 97 SGB VII).

4. Wer hilft weiter?

Auskünfte erteilen je nach Zuständigkeit die Unfallversicherungsträger, Rentenversicherungsträger, Agenturen für Arbeit, Jobcenter, Träger der sozialen Entschädigung, Eingliederungshilfe-Träger, Jugendämter, Integrations- und Inklusionsämter oder die Pflegekassen.

5. Verwandte Links

Berufliche Reha > Leistungen

Wohnberatung

Wohngeld

Wohnberechtigungsschein

Wohnumfeldverbesserung

Sozialhilfe > Kosten der Unterkunft KdU

Mietschulden

Wohnraumförderung

Wohnen im Alter

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

 

Rechtsgrundlagen:

  • Unfallversicherung: § 41 SGB VII
  • Rentenversicherung: § 16 SGB VI i.V.m. § 49 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX
  • Agentur für Arbeit und Jobcenter: § 49 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX
  • Träger der sozialen Entschädigung:
    • zur Teilhabe am Arbeitsleben: § 63 Abs. 1 Nr. 1 SGB XIV i.V.m. § 49 Abs. 8 Nr. 6 SGB IX
    • zur sozialen Teilhabe: § 66 Abs. 1 SGB XIV i.V.m. § 113 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 77 SGB IX
  • Integrationsamt: § 185 Abs. 3 Nr. 1 d SGB IX i.V.m. § 22 SchwbAV
  • Träger der Eingliederungshilfe: § 113 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 77 SGB IX
  • Träger der Jugendhilfe: § 35a SGB VIII i.V.m. § 113 Abs. 2 und 3 i.V.m. § 77 SGB IX
  • Pflegeversicherung: § 40 Abs. 4 SGB XI

Letzte Bearbeitung: 29.08.2024

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