Arbeitsunfall

1. Das Wichtigste in Kürze

Ein Unfall gilt versicherungsrechtlich als Arbeitsunfall, wenn er Folge einer unfallversicherten Tätigkeit ist. Dazu gehören nicht nur Unfälle während der Arbeit, sondern auch auf dem Arbeitsweg (Wegeunfall). Nicht nur Erwerbstätigkeit ist unfallversichert, sondern z.B. auch der Besuch einer Schule oder Kita, die Pflege Angehöriger oder eine ehrenamtliche Tätigkeit. Bei Arbeitsunfällen übernimmt die Unfallversicherung z.B. die Kosten für notwendige Behandlung, Reha und Rente. Unternehmen müssen Arbeitsunfälle beim Unfallversicherungsträger melden, wenn die Unfallverletzungen zu mehr als 3 Tagen Arbeitsunfähigkeit führen oder eine versicherte Person dabei gestorben ist.

2. Was gilt als Arbeitsunfall?

Ein Arbeitsunfall liegt vor, wenn eine unfallversicherte Person

  • infolge einer unfallversicherten Tätigkeit oder durch eine besondere Betriebsgefahr
  • durch ein zeitlich begrenztes äußeres Ereignis
  • einen Gesundheitsschaden (oder Verlust/Beschädigung eines Hilfsmittels) erleidet oder stirbt.

2.1. Unfallversicherte Tätigkeiten

Unfallversicherte Tätigkeiten sind z.B.

  • Erfüllen der Aufgaben aus einem Arbeitsvertrag, egal ob im Betrieb, zu Hause oder an einem anderen Ort (Home-Office, mobiles Arbeiten, Dienstreise)
  • Hin- und Rückweg von und zur Arbeitsstätte (Wegeunfall, siehe unten)
  • Wege von und zur Toilette oder Kantine oder von und zu einem anderen Ort zum Essen in einer Pause (in der Regel auch beim mobilen Arbeiten bzw. im Home-Office)
  • Beschaffen, Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern von Arbeitsgeräten oder einer Schutzausrüstung
  • Betriebssport, wenn er regelmäßig stattfindet, nur Betriebsangehörige teilnehmen und die Arbeitskraft dadurch erhalten soll
  • in der Regel Betriebsausflüge und Betriebsfeiern
  • Geschäftsessen
  • Besuch einer Kindestagesstätte oder Schule
  • Schulausflüge und Klassenfahrten
  • Pflegetätigkeiten
  • ehrenamtliche Tätigkeiten

Private Tätigkeiten sind hingegen nicht unfallversichert, z.B. das Nutzen der Toilette. Im Einzelfall kann die Abgrenzung von privaten und unfallversicherten Tätigkeiten schwierig sein.

Beispiele:

  • Das Essen in einer Betriebskantine gilt normalerweise als private Pausentätigkeit, aber wenn Beschäftigte wegen einer internen Anordnung in der Betriebskantine essen müssen, dann ist es unfallversichert.
  • Der Weg bis zur Toilettentür ist unfallversichert, der Weg vom Toilettenvorraum mit den Waschbecken hin zur Toilette aber in der Regel nicht.

2.2. Versicherte Tätigkeit als Unfallursache

Als Arbeitsunfälle gelten nur Unfälle einer unfallversicherten Person infolge einer unfallversicherten Tätigkeit. Das heißt, es reicht nicht, wenn der Unfall nur während der versicherten Tätigkeit passiert, sondern die Tätigkeit muss auch eine wesentliche Ursache für den Unfall sein.

Beispiel:

Ein Arbeitnehmer nimmt seinen privaten Hund zur Arbeit mit und wird während der Arbeit von ihm gebissen. Hier ist die Arbeit keine wesentliche Ursache für den Unfall, sondern die Gefahr durch das Tier.

2.3. Besondere Betriebsgefahr

Ausnahmsweise kann auch dann ein Arbeitsunfall vorliegen, wenn die versicherte Person gerade einer privaten Tätigkeit nachgegangen ist, nämlich wenn eine besondere Betriebsgefahr den Unfall verursacht hat.

Beispiel: Ein Arbeitsgerät explodiert und verletzt den danebenstehenden Arbeiter. Das ist auch dann ein Arbeitsunfall, wenn er gerade in seiner Pause privat telefoniert hat.

2.4. Äußere Ursache für den Unfall

Als Arbeitsunfall zählen nur Unfälle, die von außen auf den Körper (dazu gehört auch die Psyche) einwirken. Auch krankmachende Beleidigungen, Bedrohungen oder stark belastende Gespräche wirken von außen, so dass sie als Arbeitsunfall gelten können.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer mit Epilepsie verletzt sich bei einem Anfall während der Arbeit. Die Unfallversicherung erkennt das nicht als Arbeitsunfall an, weil die Ursache nicht von außen kommt. Die Epilepsie ist eine innere Ursache.

2.5. Arbeitsunfall oder Berufskrankheit?

Wenn sich die Ursache für die Gesundheitsschäden auf mehrere Arbeitsschichten erstreckt, erkennt die Unfallversicherung sie in der Regel nicht mehr als Arbeitsunfall an. Möglich ist dann nur eine Anerkennung der Gesundheitsschäden als Berufskrankheit.

Als Unfall gelten nämlich nur "zeitlich begrenzte Ereignisse". Die Gerichte verstehen darunter, neben kurzen plötzlichen Ereignissen, wie z.B. einem Sturz oder einer Explosion, auch Ereignisse, die nicht länger als eine Arbeitsschicht dauern.

Beispiel: Zwei Arbeiter sind während der Arbeit einem Giftstoff ausgesetzt und erkranken deswegen.

  • Der eine hat nur während einer Arbeitsschicht für mehrere Stunden Kontakt mit dem Giftstoff. Die Unfallversicherung stuft das als Arbeitsunfall ein.
  • Der andere ist dem Giftstoff tagelang ausgesetzt. Das erkennt die Unfallversicherung nicht als Arbeitsunfall an und der Arbeiter muss sich um eine Anerkennung als Berufskrankheit kümmern.

2.6. Gesundheitsschaden oder Tod als Folge

Die Unfallversicherung ersetzt der unfallversicherten Person normalerweise keine Sachschäden. Ein Unfall zählt deswegen normalerweise nur als Arbeitsunfall, wenn die Folge ein Gesundheitsschaden oder der Tod ist.

Ausnahme: Wenn bei einem Unfall ein Hilfsmittel kaputt oder verloren geht, z.B. eine Brille, ein Hörgerät oder ein Rollstuhl, dann ersetzt es die Unfallversicherung. Der Unfall wird in dem Fall auch dann als Arbeitsunfall anerkannt, wenn außer diesem Sachschaden nichts passiert ist.

2.7. Gesundheitsschäden durch Organspende

Gesundheitsschäden, die infolge einer Organspende auftreten, werden wie Arbeitsunfälle behandelt. Zuständig ist die jeweilige Gemeindeunfallversicherung. Näheres unter Transplantation > Lebendspende.

3. Wegeunfall

Der Wegeunfall ist eine Unterform des Arbeitsunfalls.

Zu den von der Unfallversicherung versicherten Wegen zählen z.B.

  • der direkte Hin- und Rückweg von und zur Arbeitsstätte.
  • Wegeabweichungen zur Unterbringung von (eigenen oder im Haushalt lebenden) Kindern, z.B. in den Kindergarten.
  • Wegeabweichungen bei Fahrgemeinschaften durch gemeinsame Benutzung eines Fahrzeugs, z.B. Umwege nach oder von dem Ort der Tätigkeit aufgrund der Teilnahme an einer Fahrgemeinschaft.
  • Wegeabweichungen aufgrund von Umleitungen.
  • Wegeabweichungen, weil der Arbeitsplatz über einen längeren Weg schneller erreicht werden kann.
  • bei doppeltem Wohnsitz Wege zwischen der Arbeitswohnung und dem Hauptwohnsitz.
  • der direkte Weg von und zur Kita oder zu einer anderen Betreuung außer Haus, wenn die versicherte Tätigkeit zu Hause ausgeübt wird (z.B. Home-Office).

4. Selbstverschuldete Unfälle

Auch und gerade besonders riskante Tätigkeiten wie z.B. bei der Polizei oder der Feuerwehr, sind unfallversichert, auch wenn die Versicherten dabei vorsätzlich Gesundheitsschäden oder ihren Tod in Kauf nehmen.

Aber auch alle anderen selbstverschuldeten Unfälle gelten immer als Arbeitsunfälle, wenn alle oben genannten Voraussetzungen vorliegen, z.B. beim Außerachtlassen von Regeln zum Arbeitsschutz.

Meistens kommt die Unfallversicherung auch dafür auf, denn sie kann ihre Leistungen nur dann ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn sich die versicherte Person bei einer Straftat verletzt hat, wegen der sie rechtskräftig verurteilt wurde. Ordnungswidrigkeiten oder andere einfache Regelverstöße reichen dafür nicht aus.

Aber manche selbstverschuldeten Unfälle sind aus anderen Gründen keine Arbeitsunfälle.

Beispiele:

  • Wenn die versicherte Tätigkeit nicht die wesentliche Ursache ist (siehe oben unter "Versicherte Tätigkeit als Unfallursache"), sondern ein Fehlverhalten, dann ist es auch kein Arbeitsunfall. Das kommt z.B. bei Unfällen unter Alkohol oder Drogeneinfluss vor.
  • Wenn sich die versicherte Person absichtlich verletzt, dann ist es kein Unfall, weil es keine äußere Ursache (siehe oben unter "äußere Ursache für den Unfall) gibt. Absicht bedeutet, dass die Person die Verletzung nicht nur in Kauf nimmt, sondern dass es ihr direkt darauf ankommt.

5. Unfallanzeige

Arbeitsunfälle (inklusive Wegeunfälle), die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Kalendertagen führen, oder bei denen die versicherte Person stirbt, muss das Unternehmen an den Unfallversicherungsträger melden (§ 193 Abs. 1 SGB VII).

5.1. Praxistipps

  • Einen Arbeitsunfall können Sie selbst an den Arbeitgeber melden oder eine andere Person damit beauftragen, z.B. einen Kollegen oder Angehörigen.
  • Der Arbeitgeber meldet den Unfall dem für seine Firma zuständigen Unfallversicherungsträger. Bei Kindern, Schülern, Studenten muss der Unfall an den Kindergarten oder an die (Hoch-)Schule gemeldet werden. Die Meldung wird von dieser Stelle dann weitergeleitet.
  • Bei Arbeitsunfällen müssen Sie einen Durchgangsarzt (= von der gesetzlichen Unfallversicherung zugelassener Arzt, kurz D-Arzt) aufsuchen, der beurteilt, ob eine Behandlung durch einen niedergelassenen Kassenarzt ausreicht. Zugelassene Durchgangsärzte finden Sie unter www.dguv.de/de > ganz unten: Quicklinks und Services: D-Ärzte / Gutachter / Kliniken.
  • Der Unfallversicherungsträger hat das Recht, den Unfallgeschädigten zusätzlich zu einem externen Gutachter zu schicken oder die erhaltenen Unterlagen einem externen Gutachter vorzulegen.

6. Wer hilft weiter?

Auskünfte erteilen die Unfallversicherungsträger.

7. Verwandte Links

Berufskrankheit

Berufshelfer

Unfallversicherung

Unfallverischerungsträger

Verletztengeld

 

Rechtsgrundlagen: § 8 SGB VII - § 193 SGB VII

Letzte Bearbeitung: 27.08.2024

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