Psychosen > Pflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Psychosen können zu Pflegebedürftigkeit führen. Bei der Pflegebegutachtung und Einstufung in einen Pflegegrad werden z.B. auch Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmung, die Abwehr von Pflege und sozial unangepasstes Verhalten mitberücksichtigt. Viele Betroffene und deren Angehörige denken nicht an einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung, weil die Pflegebedürftigkeit wegen Psychosen oft nicht dem klassischen Bild von Pflegebedürftigkeit entspricht. Aber auch, wer nicht gewaschen, gefüttert oder angezogen werden muss, also nicht ins Klischee von Pflegebedürftigkeit passt, kann Anspruch auf Pflegeleistungen wie z.B. den Entlastungsbetrag, Pflegegeld oder Leistungen von ambulanten Pflegediensten haben.

2. Pflegegrad bei Psychosen

Auch bei rein psychischen Erkrankungen kann die Pflegekasse auf Antrag einen Pflegegrad feststellen, so dass Anspruch auf Pflegeleistungen der Pflegeversicherung besteht.

Menschen mit Psychosen brauchen oft viel Betreuung und Hilfe. Das gilt besonders in Akutphasen, aber auch außerhalb dieser Phasen kann Hilfebedarf bestehen. In sog. Remissionsphasen (Phasen der Erholung) können Symptome wie z.B. Antriebsschwäche, sozialer Rückzug und mangelnde Fähigkeit zur Selbstversorgung (sog. Minussymptomatik, Näheres unter Psychosen > Allgemeines) die Selbstständigkeit beeinträchtigen. Auch die Nebenwirkungen von Medikamenten gegen Psychosen können einen Hilfebedarf verursachen.

Die Pflegebedürftigkeit wird im Rahmen einer Begutachtung durch den medizinischen Dienst (MD) in verschiedenen Lebensbereichen eingeschätzt. Diese heißen Module. Näheres unter Pflegeantrag und Pflegebegutachtung. Bei Psychosen sind Einschränkungen der Selbstständigkeit in mehreren Modulen wahrscheinlich.

Beispiele:

  • Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie örtliche und zeitliche Orientierung
    Psychosen können z.B. dazu führen, dass die Betroffenen viele Entscheidungen nicht mehr selbstständig treffen können, dass sie Risiken und Gefahren nicht mehr angemessen einschätzen können und dass sie sich nicht mehr sinnvoll an Gesprächen beteiligen können.
  • Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
    Psychosen können z.B. mit Wahnvorstellungen, nächtlicher Unruhe, aggressivem Verhalten, selbstschädigendem Verhalten, Abwehr von Pflege, Antriebsschwäche, sozial unangemessenem Verhalten und Ängsten einhergehen.
  • Modul 4: Selbstversorgung
    Menschen mit Psychosen können sich zwar normalerweise selbst Waschen, Ankleiden und ohne Hilfe Essen und Trinken, aber es kann sein, dass sie es nur dann regelmäßig tun, wenn sie dazu durch eine Pflegeperson motiviert und ggf. auch beaufsichtigt werden.
  • Modul 5: Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
    Menschen mit Psychosen brauchen zum Teil Hilfe, damit sie ihre Medikamente auch wirklich regelmäßig einnehmen und ihre Arzt- und Therapietermine zuverlässig wahrnehmen.
  • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
    Psychosen können die Fähigkeit einschränken, den eigenen Tag zu strukturieren und mit Veränderungen umzugehen. Manche Menschen mit Psychosen brauchen z.B. Hilfe dabei, ihre Zukunft zu planen, sich sinnvoll zu beschäftigen und soziale Kontakte wahrzunehmen.

Ab Pflegegrad 2 besteht Anspruch auf Pflegegeld oder Unterstützung durch einen Pflegedienst (Näheres unter Pflegesachleistung), mit Pflegegrad 1 nur auf den Entlastungsbetrag. Ob und welcher Pflegegrad bei Psychosen gewährt wird, kann bei gleicher Diagnose sehr unterschiedlich sein, weil es auf die individuellen Einschränkungen der Selbstständigkeit ankommt. Bei Psychosen kommen auch hohe Pflegegrade in Betracht, während andere Betroffene keine Pflege benötigen.

3. Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung von Menschen mit Psychosen

Gerade wenn die Pflegebedürftigkeit nicht dem klassischen Bild von Pflegebedürftigkeit entspricht, wie bei Psychosen, ist eine gute Vorbereitung auf den Termin zur Pflege-Begutachtung sehr wichtig, um die richtige Pflegegrad-Einstufung erreichen zu können, und dann die Leistungen zu erhalten, auf die ein Anspruch besteht:

  • Allgemeine Tipps zur Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung unter Pflegeantrag und Pflegebegutachtung.
  • Mit dem Pflege-Check (Ratgeber Pflege-Check – Vorbereitung auf den Begutachtungstermin) ist eine ausführliche Vorbereitung auf die Begutachtung möglich. Er ermöglicht auch eine Einschätzung, welchen Pflegegrad die Begutachtung voraussichtlich ergeben könnte. Die einzelnen Module sind dort ausführlich beschrieben.
  • Manche Beratungsstellen für ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) haben Erfahrungen zum Thema Pflege-Begutachtung bei psychischen Behinderungen oder können Kontakte zu Menschen vermitteln, die weiterhelfen können.
  • Der Austausch in Selbsthilfegruppen mit Psychose-Erfahrenen und/oder Angehörigen kann bei der Vorbereitung helfen, denn vielleicht gibt es dort Menschen, die schon Erfahrungen mit einer Pflegebegutachtung haben und wertvolle Tipps geben können. Kontakte unter Psychosen > Adressen

4. Widerspruch und Klage

Wenn die Begutachtung fälschlicherweise keine Pflegebedürftigkeit oder eine Einstufung in einen zu niedrigen Pflegegrad ergibt, können Betroffene dagegen kostenlos Widerspruch einlegen, und, falls dieser abgelehnt werden sollte, ebenfalls kostenlos klagen. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht und Widerspruch Klage Berufung. Das geht ohne anwaltliche Hilfe, aber diese kann die Chancen verbessern. Bei finanzieller Bedürftigkeit können Betroffene die anwaltliche Hilfe ggf. über die Beratungshilfe und die Prozesskostenhilfe finanzieren.

5. Allgemeines zur Pflege

6. Pflegeantrag und Einstufung

7. Pflege zu Hause

8. Ambulante Pflege durch Fachkräfte

9. Teilstationäre und stationäre Pflege

10. Verwandte Links

Ratgeber Psychosen

Ratgeber Pflege

Ratgeber Pflege-Check – Vorbereitung auf den Begutachtungstermin

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Letzte Bearbeitung: 11.09.2024

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