ALS > Hilfsmittel

1. Das Wichtigste in Kürze

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) führt zur Lähmung von immer mehr Muskeln. Um so lange wie möglich selbstständig zu leben, sollten Menschen mit ALS möglichst frühzeitig geeignete Hilfsmittel erhalten. Hilfsmittel gibt es vor allem für die Bereiche Kommunikation, Atmung und Mobilität.

2. Welche Hilfsmittel unterstützen im Alltag?

Menschen mit ALS brauchen in der Regel sehr spezielle Hilfsmittel. Unbedingt zu empfehlen ist deshalb, sich vorher über geeignete Hilfsmittel zu informieren, sich beraten zu lassen und die Hilfsmittel, wenn möglich auch zu Hause, auszuprobieren. Beratung erhält man von Therapeuten (Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden), Ärzten und Sanitätshaustechnikern bzw. Medizinprodukteberatern.

Für die Kostenübernahme ist die Krankenkasse zuständig. Näheres unter Hilfsmittel.

3. Kommunikationshilfen

ALS führt aufgrund fortschreitender Lähmungen zu Problemen beim Schreiben und Sprechen. Näheres zum Krankheitsverlauf unter ALS > Krankheit - Symptome - Verlauf.

Tipps und Hilfsmittel, die Betroffenen beim Schreiben und Sprechen helfen können:

  • Umstellung auf Druckschrift: Dies kann für Menschen mit ALS einfacher sein als die Schreibschrift.
  • Schreibhilfen: Verdickte Griffe erleichtern das Halten des Stifts.
  • Kommunikationstafeln: Mit Buchstaben oder Wörtern auf Tafeln können sich Betroffene verständigen. Kommunikationstafeln ermöglichen zwar nur eine reduzierte Kommunikation, sind aber nicht von technischen Störungen bedroht und praktisch überall einsetzbar.
  • Elektronische Kommunikationshilfen: Sprachausgabegeräte (mit Computertastatur oder Display) ermöglichen die Kommunikation per Tastendruck oder über Sensoren (z.B. Augensteuerung = Eyetracking).
  • Spezialsoftware für PCs und Laptops: Diese kann die herkömmliche Maus- und Tastaturbedienung ersetzen. Wichtig: Die Krankenkasse übernimmt in der Regel nur die Kosten für die Hilfsmittel, nicht aber für den PC oder Laptop selbst.

4. Inhalations- und Atemtherapiegeräte

Bei ALS nimmt die Kraft der Atemmuskulatur immer weiter ab. Beatmungsgeräte können die Atmung unterstützen bzw. ersetzen.

Arten der Beatmung:

  • Nicht invasive Beatmung über eine Maske (NIV-Beatmung): Diese Art der Beatmung ist besonders nachts effektiv, um tagsüber fit zu bleiben. Die wissenschaftlichen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie empfehlen diese Beatmung als lebensverlängernd und wirksam zur Linderung von Symptomen wie z.B. Müdigkeit und Fatigue. Weitere Vorteile sind die Reduzierung von Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit und damit insgesamt eine Verbesserung der Lebensqualität.
  • Invasive Dauerbeatmung über ein Tracheostoma: Hierbei wird ein künstlicher Atemweg (Tracheostoma) durch die Luftröhre gelegt. In dieses Tracheostoma wird dann eine Trachealkanüle eingesetzt, über die die Beatmung erfolgt.

Zäher Schleim in der Lunge kann die Atmung zusätzlich erschweren. Verschiedene Hilfsmittel helfen beim Lösen und Absaugen des Sekrets, z.B.: tragbare Absauggeräte, Luftbefeuchter, Vernebler oder mechanische Insufflations-Exsufflations-Geräte (I/E-Geräte). I/E-Geräte funktionieren so: Das Gerät pumpt mit einem tiefem Atemzug Luft in die Lunge. Die Luft wird schnell wieder herausgesaugt, was einen starken Hustenstoß erzeugt. Dieser Hustenstoß hilft dabei, tiefsitzenden Schleim aus der Lunge zu lösen.

In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, I/E-Geräte mit anderen Methoden zu ergänzen, um den zähen Schleim besser zu lösen:

  • Hochfrequente Brustwandoszillation (HFCWO): Diese Methode erzeugt Vibrationen, die den Schleim in der Lunge lösen.
  • Intermittierende perkussive Ventilation (IPV): Diese Methode klopft sanft auf die Brustwand, was den Schleim ebenfalls lösen kann.

5. Welche Hilfsmittel erleichtern Alltag und Mobilität?

Bei etwa der Hälfte der Patienten beginnt die ALS an den Händen. Greifhilfen für Gläser und Besteck und weitere Ess- und Trinkhilfen können die Selbstständigkeit beim Essen erhalten. Beim Lesen können Blattwendegeräte und Buchhalter helfen. Für weitere Lebensbereiche können folgende Hilfsmittel infrage kommen:

Mobilität:

  • Rollstuhl: Der Einsatz eines Rollstuhls kann die Mobilität und soziale Kontakte erhalten. Die Auswahl sollte frühzeitig erfolgen und auf spätere Umrüstbarkeit auf einen Elektrorollstuhl geachtet werden.
  • Treppenlifte und Wohnumfeldanpassungen können bei Bedarf helfen.
  • Nackenstützen: Halskrausen oder Nackenpolster am Rollstuhl helfen bei geschwächter Nackenmuskulatur.

Aufstehen und Positionierung:

  • Mobile Katapultsitze, elektrische Aufrichtstühle: Erleichtern das Aufstehen.
  • Toilettensitzerhöhungen, WC-Lifter: Unterstützen bei der Toilettennutzung.
  • Aufrichthilfen: Eingebaut in Rollstühle ermöglichen das Erreichen von hochgelegenen Gegenständen.

Bad und Pflege:

6. Künstliche Ernährung

Beim Verschlucken von Nahrung besteht die Gefahr, dass die Nahrung in die Atemwege gelangt. Ist die Muskulatur schon so geschwächt, dass ein Abhusten nicht mehr möglich ist, kann eine Lungenentzündung die Folge sein, welche die Atemfunktion noch mehr einschränkt und deshalb lebensbedrohlich für Betroffene werden kann. Es besteht die Möglichkeit einer Ernährung per Magensonde. Damit wird Nahrung direkt in den Magen eingeführt. Näheres unter Enterale Ernährung.

7. Wie wird ein Hilfsmittel beantragt?

Für die Beantragung von Hilfsmitteln stellt der behandelnde Arzt ein Rezept aus, ggf. mit einer ausführlichen Begründung. Dies kann Rückfragen durch die Krankenkasse ersparen. Mit dem Rezept reichen Versicherte einen formlosen Antrag auf Kostenübernahme bei Ihrer Krankenkasse ein. Wenn die Krankenkasse den Antrag genehmigt, bekommen Versicherte das Hilfsmittel von einem Vertragspartner der Krankenkasse geliefert. Alternativ kann das Hilfsmittel auch direkt bei einem Sanitätshaus abgeholt werden. Sanitätshäuser können ggf. bei der Beantragung des Hilfsmittels und den Formalitäten mit der Krankenkasse behilflich sein.
Wird ein Hilfsmittel von der Krankenkasse abgelehnt, kann gegen die Entscheidung innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht. Wenn das Hilfsmittel dringend benötigt wird und die Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder unrechtmäßig abgelehnt worden ist, kann eine Selbstbeschaffung und spätere Kostenübernahme möglich sein.

8. Praxistipp

Die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM) bietet unter www.dgm.org > Beratung & Unterstützung > Hilfsmittelberatung eine überregionale Hilfsmittelberatung für Betroffene und Angehörige an. Die Beratung ist für Mitglieder kostenfrei, Nichtmitglieder können die Beratung bis zu drei Mal kostenlos in Anspruch nehmen.

9. Verwandte Links

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

ALS > Krankheit - Symptome - Verlauf

ALS > Behandlung

ALS > Schwerbehinderung

Logopädie

Physiotherapie

Ergotherapie

Letzte Bearbeitung: 31.07.2024

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