Behinderung > Schule

1. Das Wichtigste in Kürze

Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung. Es ist eine besondere Aufgabe der Schulen, sie möglich zu machen. Neben speziellen Förderschulen wird das gemeinsame Lernen von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderungen (Integration bzw. Inklusion) ausgebaut. Oft sind staatliche Leistungen zur Teilhabe an Bildung nötig, damit es gelingt, dass eine Behinderung keine Bildungshürde darstellt.

2. Schulpflicht bei Behinderung

Zuständig für die schulische Bildung sind die Bundesländer, daher gibt es kein bundesweit einheitliches System der Förderung. Es gilt jedoch überall die allgemeine Schulpflicht, auch für alle Kinder mit Behinderungen.

Exklusion, also ein Ausschluss in dem Sinn, dass junge Menschen wegen einer Behinderung nicht zur Schule gehen dürfen, kommt trotzdem noch vor. So sehen einige Schulgesetze vor, dass die Schulpflicht wegen einer Behinderung ruhen kann. Die Folge ist, dass es in Deutschland immer noch Menschen gibt, denen Bildung verwehrt wird. Angewandt wird das Ruhen der Schulpflicht immer noch auch auf Menschen, die lernen könnten, wenn nur ein geeignetes Umfeld für sie geschaffen würde. Rechtmäßig ist ein solcher Ausschluss nur ganz selten, z.B. bei einem Kind, das im Koma liegt.

3. Hilfsmöglichkeiten innerhalb und außerhalb des Schulsystems

Nicht jede Behinderung betrifft auch den schulischen Bereich. Wenn ein junger Mensch mit Behinderung allerdings besondere Förderung oder besondere Hilfen braucht, um gut lernen und gleichberechtigt an den Bildungsangeboten der Schulen teilhaben zu können, kann auf verschiedenen Wegen Hilfe erlangt werden:

  • Schulische Nachteilsausgleiche sollen ermöglichen, dass Menschen mit Behinderungen ihre wirklichen Fähigkeiten trotz Behinderung in Prüfungen und Leistungsnachweisen zeigen können. Zuständig sind die Schulen und Schulbehörden.
  • Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ermöglicht den Besuch einer Förderschule oder sonderpädagogische Förderung an einer allgemeinen Schule. Diese Förderung ist Teil des Schulsystems. Zuständig sind die Schulen und Schulbehörden.
  • Eingliederungshilfe zur Teilhabe an Bildung ermöglicht Hilfen von außerhalb des Schulsystems wie z.B. Schulbegleitung oder technische Hilfen. Sie werden von einem Reha-Träger gewährt (Träger der Eingliederungshilfe oder Träger der Kinder- und Jugendhilfe).

3.1. Schulische Nachteilsausgleiche

Schulische Nachteilsausgleiche werden bei Leistungsnachweisen und Prüfungen und auch bei der Unterrichtsgestaltung gewährt. Alle Menschen haben das Recht auf eine gerechte Bewertung ihrer Leistungen und dürfen weder bevorzugt noch benachteiligt werden:

  • Nachteilsausgleiche dürfen nicht dazu führen, dass die Leistungsfähigkeit besser bewertet wird, als sie tatsächlich ist.
  • Behindernde Barrieren sollen aus dem Weg geräumt werden, damit jeder Mensch gleichberechtigt seine Fähigkeiten beweisen kann.

Beispiele:

  • Schreibzeitverlängerung bei motorischen Einschränkungen
  • Technische Hilfsmittel bei einer Sehbehinderung
  • Begleitperson bei psychischen Störungen
  • Mündliche statt schriftliche Prüfungen bei Sprachstörungen oder umgekehrt bei motorischen Einschränkung
  • Andere Formulierung von Aufgaben bei Problemen mit dem Sprachverständnis

Da Schulrecht in Deutschland auf Ebene der Bundesländer geregelt ist, gibt es uneinheitliche Regelungen zu behinderungsbedingten Nachteilsausgleichen in der Schule.

3.2. Sonderpädagogischer Förderbedarf

Sonderpädagogischer Förderbedarf wird bundeseinheitlich unter folgenden Voraussetzungen festgestellt:

  • Beeinträchtigung in den Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten und
  • durch diese Beeinträchtigung kann die allgemeine Schule die ausreichende Förderung ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht leisten.

In Deutschland gibt es folgende Förderschwerpunkte:

  • Emotionale und soziale Entwicklung
  • Lernen
  • Sprache
  • Sehen
  • Hören
  • Körperliche und motorische Entwicklung
  • Geistige Entwicklung
  • Unterricht kranker Schüler

Der Sonderpädagogische Förderbedarf und die Zuordnung zu einem Förderschwerpunkt werden durch ein sonderpädagogisches Gutachten festgestellt. Erstellt werden solche Gutachten von sonderpädagogischen Lehrkräften. Ergänzt werden sie durch Stellungnahmen von Förderschulen. Ob ein Förderbedarf festgestellt wird, und wenn ja in welchen Förderschwerpunkten, ist eine pädagogische Entscheidung und keine medizinische.

3.3. Förderschulen und gemeinsame Beschulung

In Deutschland gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen mit einer Behinderung:

  • Förderschule in einem der Förderschwerpunkte: Lernen in einer speziellen Schule getrennt von nicht behinderten Kindern und Jugendlichen.
  • Integrations- bzw. Inklusionsschule oder Integrations- bzw. Inklusionsklasse, in der Kinder mit und ohne Behinderungen zusammen lernen.
  • Besuch einer Regelklasse einer allgemeinen Schule im Rahmen der Einzelfallintegration oder -inklusion.

Bei Minderjährigen mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben die Sorgeberechtigten das Recht, zwischen Förderschule und gemeinsamer Beschulung zu wählen.

3.3.1. Förderschulen

Der Besuch einer Förderschule bedeutet keinen Ausschluss (Exklusion) aus dem Bildungssystem, sondern es bietet Bildungsmöglichkeiten und insoweit Inklusion. Kinder und Jugendliche an Förderschulen sind aber aus der allgemeinen Schule ausgeschlossen (exkludiert). Genannt wird das Segregation (Trennung).

Beispiel: Manche Eltern von gehörlosen Kindern wünschen sich für diese eine Förderschule, an der Gebärdensprache die ausschließliche Unterrichtssprache ist. Das erhöht die Chance, dass diese Kinder ihre Leistungsfähigkeit voll ausnutzen können, denn in einer solchen Schule müssen sie nicht mühsam die Gehörlosigkeit kompensieren. Sie können sich auf das Lernen der Inhalte konzentrieren. Auch in ihren Sozialkontakten haben sie es leichter als an einer Regelschule, weil die anderen in ihrer Klasse ebenfalls Gebärdensprache sprechen.
Sie wachsen allerdings getrennt von hörenden Kindern auf.

3.3.2. Gemeinsamer Unterricht

Im Alltag werden die Begriffe Inklusion und auch Integration häufig als Synonyme für gemeinsame Beschulung von jungen Menschen mit und ohne Behinderung verwendet. Dabei sagt der bloße Besuch der selben Schule oder Klasse noch nichts darüber aus, ob dort Exklusion, Integration oder Inklusion stattfindet.

Beispiele für nicht inklusiven gemeinsamen Unterricht:

  • Ein Kind, das im Unterricht mit den anderen in der Klasse sitzt, dem Unterricht aber wegen einer Behinderung nicht folgen kann, wird von Möglichkeiten der Bildung ausgeschlossen. Das ist Exklusion trotz gemeinsamen Unterrichts.
  • Ein Kind, das in der Klassengemeinschaft wegen seiner Behinderung ausgegrenzt wird und Mobbing erleben muss, macht Ausschlusserfahrungen (es erfährt Exklusion) trotz gemeinsamen Unterrichts.

3.4. Eingliederungshilfe für Schulbildung

Wenn es dafür nötig ist, dass Kinder und Jugendliche mit Behinderungen gleichberechtigt an Bildungsangeboten teilhaben können, haben sie das Recht auf Eingliederungshilfe. Finanziert werden können z.B. technische Hilfsmittel wie etwa spezielle Kommunikationshilfen oder Schulbegleitung. Näheres unter Teilhabe an Bildung und Schulbegleitung.

Grundsätzlich ist die Schule für den Unterricht zuständig. Die Eingliederungshilfe soll also nicht den eigentlichen Unterricht ersetzen, sondern die Unterrichtsbeteiligung möglich machen.

In der Praxis kommt es trotzdem vor, dass auch der eigentliche Unterricht über die Eingliederungshilfe finanziert und geleistet wird. Das gilt besonders dann, wenn durch eine sog. Übergangsbeschulung der Besuch einer öffentlichen Schule wieder möglich gemacht werden soll. Die Rechtslage dazu ist noch nicht abschließend geklärt.

Beispiel: Einzelne Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in Deutschland erhalten individuellen Online-Unterricht über die Eingliederungshilfe, weil selbst an einer Förderschule mit zusätzlicher Schulbegleitung ein angemessener Schulbesuch nicht möglich war.

Eingliederungshilfe zur Teilhabe an Bildung müssen Betroffene zum Teil vor Gericht erstreiten.

3.5. Praxistipps

Grundsätzlich hat jedes Kind ein Recht auf inklusive Beschulung.

3.6. Wer hilft weiter?

4. Verwandte Links

Behinderung

Teilhabe an Bildung

Behinderung > Inklusion

Schulbegleitung

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Leistungen für Eltern, Kinder und Jugendliche

Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen

Letzte Bearbeitung: 23.08.2024

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